Am
letzten Juni-Wochenende wartete der Nürnberger Motorsportclub mit
seinem verantwortlichen Rennleiter Gernot Leistner an der Spitze beim
ADAC-Norisring-Rennen mit einer Sportwagen- und Prototypen-Besetzung auf,
die sich hinter der des 1000-km-Rennens auf dem Nürburgring wahrlich
nicht zu verstecken brauchte. Das Teilnehmer-Feld war in der Tat für
deutsche Verhältnisse einmalig und dürfte einiges gekostet haben.
Zweifellos ein großes finanzielles Risiko, das jedoch sowohl Wettergott
wie auch Publikum zu würdigen wußten. Strahlender Sonnenschein
und 60000 Zuschauer entschädigten Gernot Leistner für die schlaflosen
Nächte vor dem Rennen.
Drei wichtige Faktoren waren die Grundlage für die phantastische
Besetzung des Rennens, das auf dem 3,9 km langen Stadtrundkurs in zwei
Läufen zu je 100 Meilen zum Austrag kam: Großzügigkeit
und gute Beziehungen des Veranstalters, Ausfall der Rennen in Reims und
schließlich die Tatsache, daß die Veranstaltung kein FIA-Prädikat
besaß. So konnte man nämlich auch die zum Verrosten verurteilten
Prototypen über 3 Liter Hubraum zum Start bitten.
Und wie sie alle kamen: Ferrari P4, Ferrari 275 LM, Lola-Chevrolet 5,9
Liter und viele andere mehr. Alles in allem 35 Nennungen, von denen man
allerdings nur maximal 22 für die 200 Meilen zulassen durfte - der
Rest bestritt einen Hoffnungslauf über 15 Runden.
Folgende Fahrer und Wagen erreichten - in der Reihenfolge ihrer Trainingszeiten
- die Qualifkation:
Mitter (Porsche 3000), 1'21"2;
Piper (Ferrari P 4) 1'21"4;
Bonnier (Lola Chevrolet) 1'21"8;
Gardner (Lola Chevrolet) 1'21"9;
Quester (BMW 2000 Spider) 1'22"4; Hawkins (Ford GT 40) 1'22"6;
Muir (Ferrari 275 LM) 1'24"8;
Steinemann (Porsche 910) 1'26"0;
Siffert (Porsche 910) 1'26"2;
Liddell (Ford GT 40) 1'26"4;
Nelson (Ford GT 40) 1'26"6;
Elford (Porsche 910) 1'26"7;
Pilette (Alfa 33) 1'26"8;
Prophet (Ford GT 40) 1'27"0;
Koch (Porsche 910) 1'27"3;
Pon (Porsche 910) 1'27"6;
Neuhaus (Porsche 910) 1'27"9;
Bitter (Porsche 906) 1'28"0;
Hezemans (Porsche 906) 1'28"1;
Epstein (Lola Chevrolet) 1'28"3;
Norinder (Lola Chevrolet) 1'28"7 und Dechent (Porsche 910) 1'28"7.
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Der
Start zu den ersten 100 Meilen erfolgte auf herkömmliche Art - in der
Aufstellung 3-2-3.
Es herrschte glühende Hitze, und in den Cockpits stiegen die Temperaturen
vielfach auf 50 Grad und mehr!
Mitter brachte den 3-Liter-Porsche sofort energisch in Führung, Piper,
Bonnier, Hawkins und Gardner folgten dichtauf. Die Porsche-Vorstellung an
der Spitze dauerte allerdings nur 6 Runden - dann schob der Europabergmeister
den 3-Liter mit Getriebeschaden zur Seite. Dies sollte jedoch nur der Anfang
einer Serie von Ausfällen sein, die hauptsächlich auf die übergroße
Hitze zurückzuführen waren. Denn schon bald ereilte auch Norinder,
Koch, Hawkins, und Liddell mit ähnlichen Defekten das Schicksal. Selbst
Frank Gardners Lola war stark angeschlagen - obwohl der Australier nach
den ersten 100 Meilen den zweiten Platz belegte, ließen sich über
einen großen Teil der Distanz die ersten drei Gänge nicht oder
kaum mehr schalten. Und so fehlte David Piper nach den ersten 41 Runden
nur eine Wagenlänge zur Überrundung von Gardner. Quester mit dem
BMW-Bergspider lag als Dritter bereits eine ganze Runde zurück, dasselbe
galt für Siffert, Elford, Steinemann und Pilette, die ihrerseits alle
anderen Zweiliter deutlich distanziert hatten.
Es zeigte sich aber bereits in dieser ersten Rennhälfte, daß
die 2-Liter-Autos weitaus weniger defektanfällig als die Wagen über
2 Liter waren, denn es schied lediglich Koch auf dem Porsche 910 aus.
Nach einer halbstündigen Pause, in der repariert und aufgetankt werden
konnte, traten nochmals 18 Konkurrenten zum entscheidenden zweiten Lauf
über die gleiche Distanz an. Das in Zweierreihen aufgestellte Feld
wurde jetzt mit einem Indy-Start auf die Reise geschickt, und sogleich eroberte
sich David Piper erneut die Spitze.
Joakim Bonnier zeigte sich nun von seiner stärksten Seite (nachdem
er im ersten Turn wegen eines Schadens an der Elektrik 8 Runden zu wenig
gefahren hatte) und war fest entschlossen, dem führenden Piper zumindest
im zweiten Lauf die Schau zu stehlen. Während sich dahinter Quester,
Hawkins und Muir sowie Siffert, Elford und Steinemann formierten, legte
sich Bonniers Lola in den Windschatten des Ferrari und überholte diesen
im letzten Renndrittel. |
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Inzwischen
setzte es dahinter einen erbitterten Vierkampf zwischen Siffert, Elford,
Steinemann und Gardner ab. Die drei Rad an Rad fahrenden Porsche 910 schienen
den lädierten Lola tatsächlich distanzieren zu können, als
es bei einem gewagten Überholversuch Elfords zu einem wilden Zusammenstoß
kam, der Gardner und Elford außer Gefecht setzte während Steinemann
gerade noch durchschlüpfen konnte. Muir schlenkerte und erlitt Aufhängungsschaden.
Erwartungsgemäß überließ Piper Bonnier den Laufsieg,
zumal es ja für den Briten keinerlei Gefahr mehr gab, denn Bonnier
brachte aus dem ersten Lauf einen erheblichen Rundenrückstand mit und
kam demzufolge für einen vorderen Gesamtrang nicht mehr in Frage. Piper
schonte sich aber nicht, fuhr zwei absolute Rekordrunden (1:21'2" im
ersten und 1:20'9" = 175,3 km/h im zweiten Lauf) und fuhr so in der
Addition beider 100 Meilen einen sicheren Sieg nach Hause. Mit total 82
Runden hatte er als einziger aller Konkurrenten die volle Distanz absolviert.
Mit nur einer Runde Rückstand lag Dieter Quester jedoch als Gesamtzweiter
erstaunlich dicht auf, und die BMW-Leute waren verständlicherweise
hocherfreut, denn das hauptsächlich für kurze Distanzen gebaute
Bergauto hatte hier das erste Langstreckenrennen gleich auf Anhieb ohne
Defekt durchgestanden.
Die privaten Porsche 910 des Hart-Ski-Teams erreichten unter Jo Siffert
und Rico Steinemann mit den Gesamträngen drei und vier im Feld der
«Großen» ganz hervorragende Plazierungen.
Überhaupt wurde diese Hitzeschlacht zu einer Demonstration der 2-Liter-Wagen,
von denen neun unter die ersten zehn des Gesamtklassements kamen!
Den Hoffnungslauf holte sich Helmut Leuze auf Porsche Carrera 6 vor seinem
Markenkollegen Werlich, dem Schweizer Siegfried Lang auf Porsche 910 und
dem Briten Peter Sadler auf Ford GT 40. |